Geschichte des Zunftmarktes

Vorwort

Der Wimpfener Zunftmarkt steht in der Tradition des ehemaligen Hafenmarktes, dessen Ursprung im Jahre 1391 zu finden ist.

Hafen kommt von Haven = so hieß ein Topf mittlerer Größe (z.B. aus Ton = viele Töpfer verkauften auf dem Markt ihre Waren)
Damit gehört er zu den historischen Märkten der Stadt Bad Wimpfen.

Durch das Auf -und Vorführen mittelalterlicher Musik und Handwerkskunst in unserer Altstadtkulisse fühlen sich die Besucher in die Ursprungszeit dieses Marktes zurückversetzt und erhalten damit einen Eindruck wie man damals arbeitete und lebte.

  • Der Talmarkt (seit 965)
  • Der Zunftmarkt (früher Hafenmarkt, seit 1391)
  • Der altdeutsche Weihnachtsmarkt (früher Katharinenmarkt, seit 1477)

Die Zunft – was ist das?

Eine Zunft – von althochdeutsch zumft „zu ziemen“ – bezeichnet eine ständische Körperschaft von Handwerkern, die im Mittelalter zur Wahrung gemeinsamer Interessen entstand und bis ins 19. Jahrhundert existierte. In den Zünften wurden die Regeln der jeweiligen Handwerksberufe aufgestellt und überwacht, beispielsweise Ausbildungsregeln, Arbeitszeiten, Produktqualität und Preise. Neben dieser wirtschaftlichen Funktion nahmen die Zünfte auch noch religiöse, soziale, kulturelle und militärische Aufgaben wahr. Alle Handwerker des Mittelalters mussten zur Berufsausübung in der Stadt Mitglied ihrer Zunft sein. Zünfte hatten ihren Sitz in größeren Orten oder dort, wo eine bestimmte Berufsgruppe besonders häufig anzutreffen war. Jede Zunft hatte ein Zunfthaus oder eine Zunftstube in der einmal im Jahr ein Zunftmahl stattfand.

In den Quellen des Mittelalters und der frühen Neuzeit wird der Zusammenschluss von Handwerkern neben dem heute gängigen Begriff Zunft auch als Gilde, Gaffel, Bruderschaft, Amt, Einung oder Innung bezeichnet.

Heute benennt die wissenschaftssprachliche Übereinkunft in Deutschland den Zusammenschluss von Handwerkern als Zunft und den Zusammenschluss von Kaufmännern seit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit als Gilde. Wohingegen in England mit guild beides bezeichnet wird.

Kultur

Aufgrund der engen Gemeinschaft bildeten sich eine gemeinsame Kultur und feste rituelle Handlungen heraus: Die Zunftversammlungen wurden in der Zunftstube vom Obermeister durch das Öffnen der Zunftlade, in dem sich die Zunftstatuten befanden, eröffnet. Im Spätmittelalter gründeten die Zünfte Singschulen, an denen schließlich der Meistergesang ausgebildet wurde.

Kodex

Für Zunftmitglieder galt ein Ehrenkodex. Bei Verstößen gegen diesen Kodex, dem unzünftigem Verhalten, konnte man die Mitgliedschaft verlieren. Als äußeres Zeichen des Ausschlusses wurde häufig ein zur Zunfttracht gehörender Ohrring – welcher als Entgelt für den Bestatter diente – aus dem Ohrläppchen gerissen. Das hierdurch entstehende Schlitzohr wurde sprichwörtlich zur Bezeichnung für listige, durchtriebene Menschen.

Beitritt

Um die Qualität der Handwerksarbeit hoch zu halten und um die Anzahl der Meister in einer Stadt in Maßen zu halten, wurde an den Zugang zur Meistertätigkeit hohe Anforderungen gestellt. Die Gesellen, die ihre Meisterprüfung ablegen wollten, hatten je nach Stadt, Zunft und historischer Zeit verschiedene Bedingungen zu erfüllen. Meist waren dies:

  • ein Meisterstück auf eigene Kosten anfertigen
  • das Bürgeraufnahmegeld zahlen
  • sich einen eigenen Brustpanzer anfertigen lassen
  • verschiedene Beträge an die Zunft zahlen
  • für die Zunftkirche Wachskerzen kaufen
  • einen Hausbesitz oder das nötige Geld dazu vorlegen und
  • ein Mahl von mehreren Gängen für alle Meister der Zunft spenden

außerdem musste er von ehrbarer Geburt sein, Eltern durften nicht von bestimmten unehrbaren Berufen stammen (regional verschieden) und im deutsch-slawischen Grenzgebiet musste der werdende Meister zudem deutsch sein

Vielen Gesellen fehlte das nötige Kapital, um selbständig tätig zu werden. Die Zunft umfasste sowohl die selbständigen Meister wie auch ihre Mitarbeiter, die Gesellen und Lehrlinge.

Soziologie

Die Zünfte bildeten ein soziales, ökonomisches und religiöses System zur Regelung von Rohstofflieferungen, Beschäftigungszahlen, Löhnen, Preisen, Absatzmengen bis hin zur Witwenversorgung. Sie bestanden teilweise aus mehreren Berufsgruppen und symbolisierten sich häufig durch Wappen und/oder Zunftzeichen und Zunftkleidung.

Die Zünfte schrieben ihren Mitgliedern häufig auch die Produktionsmethoden vor. Dadurch wehrten sie zwar einerseits Überproduktionen ab, andererseits verhinderten sie die Einführung neuer, produktiverer, gelegentlich weniger gesundheitsgefährdender Produktionstechniken. Dadurch garantierten sie ihren Mitgliedern ein standesgemäßes, „gerechtes“ Einkommen und den Verbrauchern durch Ausschaltung von Preiswettbewerb ein stabiles Preis-Leistungs-Verhältnis – allerdings auf hohem Preis-Niveau.

Zunftzeichen

Die mittelalterlichen Zünfte symbolisierten sich oft durch Wappen und Zunftzeichen.

Häufige Zeichen waren Werkzeuge des jeweiligen Berufes, aber auch Schutzsymbole wurden verwendet. Wie die Zusammensetzung der Zünfte (in denen z. T. verschiedene Berufe kombiniert waren) variierten auch die Zeichen je nach Region.

Markt und Handel, Handwerk und Gewerbe in Wimpfen

Grundlegend für die Bedeutung und den Umfang des Wimpfener Handels war zunächst einmal der engere Marktbereich, mit dem sich die Stadt in stetigem und täglichem Güteraustausch befand. Naturgemäß ging mit dieser räumlichen Beschränkung auch eine wirtschaftliche Hand in Hand. Man denke nur an die Wochenmärkte des nahe gelegenen Heilbronn, welche von den Orten des engeren Wimpfener Marktbereiches ebenso besucht werden konnten, wie die in Wimpfen. So beschränkte sich der Warenaustausch dieser Orte nicht nur auf Wimpfen allein, sondern vollzog sich zu einem beträchtlichen Teil mit Heilbronn, das als die wirtschaftlich regsamere Stadt zweifellos die stärkere Anziehungskraft ausübte. Dass damit wesentliche Absatzmöglichkeiten der gewerblichen Produktion Wimpfens verwehrt blieben, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden.

Neben diesen Gegebenheiten des engeren Wimpfener Marktbereiches waren die des Wirtschaftsraumes für den Eigenhandel in gleichem Maße von Bedeutung. Das Marktgebiet Wimpfens erstreckte sich im wesentlichen auf den Raum zwischen der Elsenz und dem Neckar. Im ganzen gesehen stellte es seinem Umfange nach ein recht ansehnliches Wirtschaftsgebiet da in dem Wimpfen eine verhältnismäßig sichere Grundlage seiner städtischen Wirtschaft finden konnte. Doch ist dabei zu berücksichtigen, dass dieses Gebiet fast ausschließlich landwirtschaftlich ausgerichtet war. Diese Tatsache zeigt deutlich die Grenzen auf für die Absatzmöglichkeiten der gewerblichen Produktion Wimpfens, die innerhalb ihres Marktgebietes keineswegs die besten Voraussetzungen antraf.

Mit diesen Gegebenheiten des engeren Marktbereiches und des gesamten Wirtschaftsraumes war aber der Umfang der gewerblichen Produktion Wimpfens und damit sein Eigenhandel weitgehend festgelegt Wohl blieb für das Wimpfener Handwerk noch die Möglichkeit offen, dass sich einzelne Zweige desselben zu Ausfuhrgewerben entwickelten, die auf einen Absatz im Wirtschaftsraum Wimpfens nicht so sehr angewiesen waren. Wie wir oben darlegten, war dies aber nur in geringem Maße der Fall.

Aus den vorstehenden Tatsachen, den Verhältnissen des Wimpfener Wirtschaftsgebietes und der Ausbildung des Handwerks ergibt sich, dass der Wimpfener Eigenhandel vom Vertrieb her gesehen nicht umfangreich gewesen sein konnte, er beschränkte sich vermutlich im wesentlichen auf das Marktgebiet Wimpfens und griff, außer dem Vertrieb von Textilien, nur in verhältnismäßig wenig Fällen darüber hinaus. Neben dem Vertrieb des gewerblichen Produktionsüberschusses oblag jedoch dem Wimpfener Eigenhandel sowohl die Versorgung der städtischen Produktion mit Rohstoffen als auch die Einfuhr fremder Waren des täglichen Bedarfs, die außerhalb der eigenen Erzeugungsmöglichkeiten lagen oder nicht genügend erzeugt werden konnten. Wohl stellte naturgemäß der engere Marktbereich zusammen mit dem Wirtschaftsraum Wimpfens den Hauptanteil an der Versorgung der Wimpfener Wirtschaft, doch reichten ihre Leistungen für eine umfassende Versorgung nicht aus und vermochte bei weitem nicht, allen Bedürfnissen der gewerblichen Produktion und der städtischen Einwohnerschaft sowie der Bevölkerung des engeren und weiteren Marktbereiches gerecht zu werden. So erfahren wir zum Beispiel von Stammholz- und Brettereinfuhren aus dem Schwarzwald. Völlig angewiesen auf die Einfuhr war man für Erze und Edelmetalle. Die Schlacht- und Nutzvieheinfuhren aus dem Odenwald, ja aus Polen lieferten Fleisch, Häute und Felle. Ebenso mussten Gewürze eingeführt werden, welche für die Ernährung im Mittelalter eine weit größere Rolle spielten, als dies heute der Fall ist. Dazu gehörten die Salzeinfuhren aus Schwäbisch Hall, welche auch die Versorgung der näheren Umgebung Wimpfens zu sichern hatten. Obwohl nur diese wenigen Beispiele urkundlich feststellbar sind, so zeigen sie doch, dass man in Wimpfen für die Versorgung der Stadt und ihres Marktgebietes weit mehr auf den Außenhandel angewiesen wai als dies bei dem Vertrieb des Produktionsüberschusses der Fall war.

Der Hauptteil des Vertriebs und der Versorgung erfolgte ohne Zweifel auf den Wimpfener Wochenmärkten. Man muss annehmen, dass die von der näheren Umgebung, vor allem von den Orten des engeren Marktbereiches mehr oder minder regelmäßig besucht wurden. Leider sind wir über die Verhältnisse der Wimpfener Wochenmärkte nur sehr wenig unterrichtet. Lediglich für den Fischmarkt, der im Tal abgehalten wurde, besitzen wir genauere Angaben. Der Vertrag zwischen den Talfischern und dem St. Peterstift erlaubte den Fischern, einen ständigen freien Fischmarkt im Tal zu halten, verbietet ihnen aber, während der Woche an Fremde und Ausleute zu verkaufen. Aus diesen beiden Tatsachen können wir entnehmen, dass der Fischmarkt für die einheimische Bevölkerung täglich gehalten wurde und lediglich das Wochenende für den Hauptmarkt bestimmt war und die Fische knapp waren. Ob es mit den Märkten in der oberen Stadt ähnlich gehalten wurde, bleibt ungewiss, da uns hierüber sämtliche urkundliche Nachrichten fehlen. Aus dem Stadtrecht von 1404 können wir aus der Bestimmung, dass ein Kauf oder Verkauf “uff Samstag vor mitten tag durch gewins willen“ verboten war, lediglich entnehmen, dass der Hauptmarkt Samstag nachmittags abgehalten wurde.

Für die Bedeutung der Wimpfener Wochenmärkte gibt uns einmal die Aufgliederung des gesamten Marktes in Teilmärkte einen ersten Hinweis. Als Örtlichkeiten treten uns urkundlich 1371 ein Roßmarkt vor dem oberen Tor, 1391 ein Hafenmarkt am Steinhaus, ein Fruchtmarkt unter dem Tanzhaus, ein Salzmarkt und ein Kübelmarkt entgegen. Eine solche Aufgliederung in Teilmärkte war aber nur dann notwendig, wenn die einzelnen Märkte einen solchen Umfang angenommen hatte, dass sie eigene, räumlich getrennte Marktplätze benutzen mussten, die sich über die ganze Stadt verteilten. Für die Bedeutung der Wimpfener Wochenmärkte wäre es nun weiterhin wichtig, festzustellen, wie weit ihr Einflussbereich innerhalb des Wimpfener Wirtschaftsraumes reichte. Doch sind uns über die Herkunftsorte der Wochenmarktbesucher in Wimpfen keine Nachrichten überliefert.

Einen recht guten Einblick in die auf den Wimpfener Wochenmärkten gehandelten Eigenerzeugnisse gewährt uns eine Preisverordnung der Stadt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts für “metzler, lauwern, schuchmachern, sattlern und anderen handwerckern sampt den hufenschmiden und wagnern“. Es wurden hergestellt “schinnägel“, Pflugbeschläge, Saumzeuge aller Art, Karchgestelle, “hewleittern“, Rüstleitern, Weinbäume, “hinerpflüge“, Pflugkärche, Eggen, Müllergestelle, verschieden Rollgestelle und dergleichen mehr. Wir sehen also, dass all diese Erzeugnisse mehr oder minder für den landwirtschaftlichen Gebrauch, zum Absatz in landwirtschaftliche Gebiete, bestimmt waren. Doch war dies nur ein Teil der auf den Wimpfener Wochenmärkten gehandelten Waren. Aus den Rechenbüchern Konrads von Weinsberg und seines Oberkeliners Kümpf gewinnen wir einen weitern recht guten Einblick in die auf den Wimpfener Wochenmärkten verkauften Waren. Von einem Kannengießer wurden “giessachen“ gekauft und von einem Schlosser neue Schlüssel. Daneben werden noch an Waren genannt Hüte, Handschuhe, Kleidungsstücke, Gürtel, Reitsättel, Kübel, Pflüge, Ziegel und Kalk. Besonders zu erwähnen sind die auffallend häufigen Käufe an “graw duch“ und “wisse duch“. Offensichtlich stellt dies nur eine kleine Auswahl der Produkte dar, welche in Wimpfen gefertigt und zum Verkauf angeboten wurden.

Für die Versorgung der Stadt und den Absatz des Produktionsüberschusses kamen in zweiter Linie die Wimpfener Jahrmärkte in Betracht. Doch spielten sie in dieser Hinsicht keine so bedeutende Rolle für die Wimpfener Wirtschaft, wie die Wochenmärkte. Sie dauerten nur wenige Tage im Jahr, in denen wohl mehr Besucher hereinkamen, aber nicht der Hauptvertrieb und die Hauptversorgung stattfand. Auch in der eigentlichen Bedeutung der mittelalterlichen Jahrmärkte, als Treffpunkt der Kaufleute, gewannen die Wimpfener Jahrmärkte keine allzu große Bedeutung.

Über die Entstehung der Wimpfener Jahrmärkte sind wir im einzelnen nicht unterrichtet, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit in die für uns dunklen Anfänge der Talstadt zurückreichen. Mit einiger Sicherheit können wir annehmen, dass der älteste und wohl auch der bedeutendste Wimpfener Jahrmarkt, der Peter und Paulsmarkt (29. Juni), seinen Ursprung aus dem Patrozinium des Stiftsmünsters nahm. Neben diesem waren der Talstadt ursprünglich noch zwei Jahrmärkte bewilligt, einer auf den Montag nach Pfingsten und einer auf Petri Kettenfeier (1. August). Die erste urkundliche Nachricht über diese Märkte besitzen wir aus dem Jahre 1377 und zwar erst in dem Augenblick, als es der oberen Stadt auf Grund ihrer schnelleren Entwicklung gelang, die drei Jahrmärkte in die Bergstadt zu verlegen. Natürlich traf die Bergstadt mit dieser Neuerung auf den schärfsten Widerstand des Peterstiftes. Bezeichnend für die daraus entstandenen Streitigkeiten zwischen dem Stift und der Bergstadt sind sowohl die 1377 von Wenzel gegebenen zwei(!) Bestätigungen, dass die Jahrmärkte auf dem Berg abgehalten werden dürfen, als auch die Verbote des geistlichen Gerichts im Worms und des Propstes des Peterstiftes, dass kein Stiftsangehöriger die Jahrmärkte auf dem Berg besuchen, noch in keiner Weise dort etwas kaufen darf. Wie wir bereits gesehen haben, widerrief Wenzel 1378 alle der Stadt gegebenen Privilegien, soweit sie dem Ritterstift entgegenstanden. Trotzdem gelang es der Stadt, die beiden Jahrmärkte auf Montag nach Pfingsten und Petri Kettenfeier auf dem Berg zu halten. 1398 entschied eine vertragliche Auseinandersetzung zwischen dem Stift und der Stadt, dass der Peter und Paulsmarkt im Tal abgehalten werden muss. Damit waren aber die Streitigkeiten über den bedeutendsten Wimpfener Markt noch nicht beseitigt.

Obwohl die Stadt 1401 von Ruprecht das Privileg für einen weiteren Jahrmarkt auf den St. Katharinentag erhielt, der vier Tage vor und nach dem Fest (21.-29. November) währte, brachen zu Beginn des 16. Jahrhunderts zwischen dem Stift und der Stadt erneute Streitigkeiten aus. Die Stadt hatte inzwischen wohl wieder versucht, den Peter und Paulsmarkt in die Bergstadt zu verlegen. Nachdem Wimpfen sich das Privileg Wenzels von 1377 von seiner Nachbarstadt Heilbronn im Jahre 1509 hatte beglaubigen lassen, entschied ein Schiedsgericht unter dem Vorsitz Ulrichs von Württemberg noch im gleichen Jahre, dass der Peter und Paulsmarkt in der Talstadt abzuhalten sei. Dies wurde dann vertraglich zwischen dem Stift und der Stadt endgültig festgelegt. Nachdem nun so über den Peter und Paulsmarkt die Entscheidung gefallen war, erhielt vier Jahre später die Bergstadt auf ihren Wunsch hin von Maximilian 1513 das Privileg, einen vierten Jahrmarkt auf Petri Stuhlfeier, der zwei Tage vor und nach dem Fest (16.-20. Januar) währte, abzuhalten. Über die Bedeutung der Wimpfener Jahrmärkte sind wir fast gar nicht unterrichtet. Wir können lediglich aus der Tatsache, dass nur der Peter und Paulsmarkt Streitgegenstand zwischen dem Stift und der Stadt war, schließen, dass dieser gegenüber den übrigen Wimpfener Jahrmärkten eine größere Bedeutung besessen haben muss.

Den besten Anhaltspunkt für die Bedeutung der Wimpfener Märkte würden uns die Herkunftsorte der Jahrmarktsbesucher geben, doch fehlen uns hierüber sämtliche Nachrichten, wie zum Beispiel Marktstandsbücher und dergleichen. Im wesentlichen wird sich das Einzugsgebiet der Wimpfener Jahrmärkte auf den Wirtschaftsraum der Stadt zwischen Neckar und Elsenz und auf die umliegenden städtischen Wirtschaftsmittelpunkte wie Heidelberg, Bischofsheim, Waibstadt, Eppingen, Sinsheim, Heilbronn, Öhringen und Mosbach beschränkt haben. Wohl dürften auch verschiedentlich Besucher aus den rheinischen Städten Worms und Speyer und aus dem schwäbischen Städten Hall, Mergentheim, Esslingen und Stuttgart zu verzeichnen gewesen sein, die jedoch mit Ausnahme von Heilbronn anteilmäßig nicht sehr bedeutend gewesen sein dürften.

Markt und Unterhaltung

Der mittelalterliche Markt war nicht nur Warenbörse und Verkehrsknotenpunkt, er war auch die Informationszentrale für die Bewohner der Stadt und ihrer Umgebung. Hier wurde der neueste Klatsch aus der Nachbarschaft verbreitet, die Händler brachten Neuigkeiten aus anderen Städten; die Obrigkeit nutzte die Ansammlung von Bürgern für die Bekanntgabe von Verordnungen und Veranstaltungen. Gaukler sorgten für Unterhaltung und informierten auf satirische Weise über politische Vorgänge. Auch Bänkelsänger trugen kritische Lieder vor und waren ein wichtiges Ventil für die Volksmeinung.

Auf dem Marktplatz und den Jahrmärkten der Umgebung traten ferner Jongleure und Seiltänzer auf. Markttage waren oft auch Gerichtstage, an denen Missetäter abgeurteilt und Recht gesprochen wurde. Oft wurden die Urteile auf dem Markt vollstreckt; dies war immer ein Anziehungspunkt für die Bevölkerung, der das Rechtsempfinden, aber auch die Schadenfreude befriedigte.

In Wimpfen gab es während des Mittelalters und auch danach zahlreiche Wochenmärkte, darunter seit 1391 auch den Hafenmarkt – den heutigen Zunftmarkt. Einzelne Sparten des Wimpfener Wochenmarktes waren so umfangreich geworden, dass Teilmärkte eingerichtet werden mussten; ein Roßmarkt, der schon erwähnte Hafenmarkt, ein Fruchtmarkt, ein Kübel- und ein Salzmarkt sind urkundlich erwähnt. Im Tal gab es außerdem täglich einen Fischmarkt für die Versorgung der Bevölkerung. Alle Waren des täglichen Bedarfs wurden von einheimischen Handwerkern, aber auch von auswärtigen Händlern angeboten.

Die Jahrmärkte dienten wohl dazu, die überschüssigen Waren, die nicht in der Stadt abgesetzt werden konnten, auch den Bewohnern des ferneren Umlandes anzubieten. Diese Märkte waren z.T. immer wieder Streitpunkte zwischen der Berg- und der Talstadt.

Im Verlaufe der Geschichte erhielt Wimpfen das Privileg für fünf Jahrmärkte Der Markt an Peter und Paul (heute Talmarkt) am 29. Juni, ein Markt am Montag nach Pfingsten, einer auf Petri Kettenfeier (1. August), einer am St. Katharinentag (21.- 29.11., heute Altdeutscher Weihnachtsmarkt) und ein Markt auf Petri Stuhlfeier (16.- 20.1.). Der bedeutsamste dieser Märkte war der heutige Talmarkt, der schon vor über tausend Jahren abgehalten wurde.

Vergessene Künste?

In unserer Konsumgesellschaft kann fast jeder Gebrauchsgegenstand aus Kunststoff hergestellt werden.

In großen Fabriken überwachen Maschinenaufseher die Produktion, ohne eine innere Beziehung zu den Produkten zu finden; es ist eben ein “Job“. So hergestellte Gegenstände sind meist funktionell, aber hässlich. Die Schönheit eines Produktes beruht auf der Kombination natürlicher Materialstrukturen mit dem Können und der sorgfältigen, oft liebevollen Bearbeitung durch einen Handwerker. Heute kaufen viele Menschen wieder Gegenstände, die von Handwerkern hergestellt werden; Gegenstände, die neben ihrer Funktionalität auch schön sind, die in gewisser Weise Lebensqualität vermitteln, sind wieder gefragt.

Natürlich haben solche Waren ihren Preis, auch wenn die Handwerker heute selbstverständlich moderne Maschinen einsetzen. Ob als Schmuck oder Gegenstand des täglichen Gebrauchs, solche Waren werden viel mehr geschätzt und nicht wie die modernen Plastikwaren nach kurzer Gebrauchszeit wieder weggeworfen.

Auf dem Zunftmarkt in Bad Wimpfen versuchen die Handwerker möglichst mit alten Werkzeugen und Fertigungsmethoden, dem Besucher ihr Handwerk nahe zu bringen. Dies kann natürlich nur ein unvollkommenes Bild aus alter Zeit sein; eine wesentliche Beziehung fehlt heute das Zusammenwirken verschiedener Handwerkszünfte, ihre frühere Abhängigkeit voneinander die ehemals auf dem Land geherrscht hat.

Um sein Handwerk ausüben zu können, war jeder Handwerker auf andere Handwerker angewiesen. Ein Fischer war beispielsweise vom Bauern abhängig, der Flachs für seine Netze anbaute, vom Netzknüpfer, der seine Netz herstellte, vom Korbflechter, der seine Reusen fertigte, und vom Bootsbauer. Der Bootsbauer wiederum war abhängig vom Schmied, der Anker, Ketten, Werkzeuge und viele andere Dinge für den Bootsbau schuf, vom Holzfäller, der das für die Boote benötigte Holz fällte, vom Sägewerker, der es zu Brettern sägte, vom Ölmüller, der Leinöl presste, welches das Holz schützt, von den Flachsspinnern und Webern, die das Leinen für die Segel herstellten, vom Segelmacher, der das Segel nähte, vom Seiler, der das Tauwerk lieferte – und so weiter. All diese Handwerker kannten einander vermutlich. Jeder konnte zu seinem Lieferanten gehen und mit ihm genau besprechen, was er brauchte. Jeder von ihnen sah nicht nur seinen eigenen Bereich, er sah Anfang und Ende dessen, was geschaffen wurde; er sah das Gesamtwerk, nicht nur den Teil, der ihn und sein Handwerk anging. Die heutigen Handwerker leben wegen des steigenden Interesses an ihren Produkten teilweise recht gut, sie sind aber isoliert. Sie aber sind immer noch viel besser dran als die Arbeiter an den Bändern in den Fabriken, die nur noch einen Arbeitsgang bewältigen und das Gesamtwerk nicht mehr sehen, die nur noch Knöpfe drücken und Steuerprogramme ablaufen lassen und eine teilweise langweilige, doch stressige Arbeit verrichten.

Viele alte Handwerkskünste gerieten im Laufe der Zeit im Vergessenheit heute werden sie zum Teil von interessierten und engagierten Menschen wieder entdeckt und zu neuem Leben erweckt.

Wenn der Wimpfener Zunftmarkt mit seinen Handwerkern dieses Interesse an seine Besucher weitergeben kann, ihren Sinn für diese oft vergessenen Künste anregt, dann hat er einen wichtigen Zweck erfüllt; denn er zeigt, was Lebensqualität sein kann: nicht im Überfluss verschwenderisch hausen, sondern mit schönen Dingen leben.